Sachverständigengutachten: Änderung des Paradigmas?

Die neue Sachverständigenlegislative und sukzessive Gerichtsauslegungen sowie deren Lehre verschieben auch das Denken der Sachverständigen. Das Gesetz und die Gerichtsauslegungen streben langfristig eine objektivere Erstellung von Gutachten an. Wir zeigen zwei neue Rechtsinstitute auf, die einen Einfluss auf die Erstellung von Gutachten haben werden, und weisen auch kurz auf weitere Neuerungen hin.

 

Kommunikation, Vergütung

Das Gesetz setzt eine Vorbesprechung des Sachverständigenauftrags zwischen dem Auftraggeber und dem Sachverständigen einschließlich der Fristfestlegung voraus. Das Gesetz stärkt ferner die Unabhängigkeit des Sachverständigen in der Vereinbarung der Vergütung für das Gutachten. Die Vergütung muss vor dem Beginn des Auftrags vereinbart werden und darf nicht von dem Ergebnis des Gutachtens abhängig sein. In Frage kommt daher entweder die Festlegung einer fixen Vergütung oder die Festlegung eines Stundensatzes mit Stundenabstimmung. 

 

Unsicheres Urteil?

Das Gesetz verlangt an einer Stelle und die Durchführungsverordnung an mehreren Stellen wörtlich „sofern die Unterlagen oder die Methode dem Sachverständigen nicht ermöglichen ein eindeutiges Urteil abzugeben, hat der Sachverständige Tatsachen zu nennen, die die Genauigkeit seines Urteils senken“, d.h., dass der Sachverständige kritisch seine Werke anschaut und mitteilt, ob sein Urteil sicher oder nur wahrscheinlich ist. Dies ist eine große Neuerung. Es ist nicht einfach eigene Arbeit kritisch zu bewerten. Von Sachverständigen erfordert diese Änderung ein neuerliches Denken. Es handelt sich hier eindeutig um eine Aufforderung zur Objektivität.

 

Kontext (Zusammenhänge)

Richter erwarten in der letzten Zeit von Sachverständigengutachten vor allem Kontext, d.h. die Erläuterung des Zusammenhangs des Falles. Sie müssen verstehen „worum es in dem Fall geht“. Dasselbe erwarten von den Gutachten auch Auftraggeber, die Verfahrensbeteiligte sowohl in Straf- als auch Zivilsachen. Wenn der Richter den Kontext nicht erfährt, sucht er ihn in anderen Informationsquellen. Daher sollte der Sachverständige den Kern des Streits auch über den Rahmen der ihm gestellten Fragen erläutern, und zwar unabhängig und objektiv. Es ist für den Sachverständigen nicht einfach, wenn er der Meinung ist, dass er dem Auftraggeber sozusagen “entgegenkommen muss“. Daher teilt er nur ungern Informationen mit, über die er denkt, dass sie den Auftraggeber schädigen könnten. Sachverständige sollen allerdings unbefangen sein und in keinem Verhältnis zur Sache und den Beteiligten stehen. Sie sollten daher das Gutachten objektiv und unparteilich erstellen. Wiederum ist da die Änderung des Denkens von Sachverständigen gefragt.

 

Fazit

Die neue Sachverständigenlegislative hat die Sachverständigen noch nicht geprägt. Jedoch werden sich in Zukunft die Sachverständigengutachten verändern. Den Auftraggebern oder potentiellen Auftraggebern empfehlen wir daher, dass sie vor der Erteilung des Gutachtensauftrags die Aufgabe des Sachverständigens mit dem Sachverständigen besprechen, in dem Anfangstreffen ruhig Fragen stellen und den Kern des Streits oder des Gutachtens besprechen. So können sie spätere Probleme vermeiden.