Nach der Überschreitung der EU-Grenze muss die Ware in eines der Zollverfahren überführt werden. Bei der Ware, die nicht sofort in den zollrechtlich freien Verkehr kommt, handelt es sich meistens um das Transitzollverfahren. Das wird dann nachfolgend im Zielstaat mit der Überführung der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr beendet. In der Praxis aber kommt manchmal der Fall vor, dass aus irgendeinem Grund die Ware in den zollrechtlich freien Verkehr in einem anderen Staat überführt wird, als in dem der Importeuer ansässig ist. Z. B. kann eine Ware einem tschechischen Empfänger in Deutschland in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden. Was ist da zu tun?
Im Falle von Deutschland und anderer EU-Mitgliedsstaaten, die in ihr nationales Steuerrecht den sog. Fiskalvertreter einführten, ist die Lösung ziemlich einfach. Der tschechische Empfänger bestellt in Deutschland einen Fiskalvertreter, der dem Zollamt seine USt-IdNr. und die USt-IdNr. des tschechischen Empfängers angibt. Zugleich beantragt der Fiskalvertreter beim Zollamt die Zollabfertigung mit dem Verfahrenscode "42", womit in Deutschland keine Einfuhrumsatzsteuer anfällt. Nachfolgend stellt der Fiskalvertreter eine Rechnung mit seiner USt-IdNr. an den tschechischen Empfänger aus, in der er den Wert der importierten Ware angibt, den er in der deutschen Zusammenfassenden Meldung als Warenlieferung nach Tschechien ausweist. Der tschechische Empfänger erklärt auf Grund der Rechnung vom Fiskalvertreter in seiner tschechischen Steuererklärung Warenanschaffung aus Deutschland und gibt die Rechnung in der Kontrollmeldung an.
Wird einem tschechischen Empfänger Ware in den zollrechtlich freien Verkehr in einem Mitgliedsstaat überführt, der über das Steuerrechtsinstitut des Fiskalvertreters nicht verfügt und ist der tschechische Empfänger in dem jeweiligen Staat nicht zur USt registriert, muss der tschechische Empfänger die Einfuhrumsatzsteuer direkt dem Zollamt entrichten, genauso wie es der Fall ist, wenn einer im Inland nicht ansässiger Person Ware in den zollrechtlichen freien Verkehr in Tschechien überführt wird und diese Person keine tschechische USt-IdNr. hat.
Es ist möglich die Rückerstattung der in einem anderen Mitgliedsstaat entrichteten Einfuhrsteuer durch das Steuerrückerstattungssystem zu beantragen, dessen Regeln von der Richtlinie 2008/9/EG ausgehen. Wenn der tschechische Empfänger nach der Überführung der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr in dem Staat, in dem er die Einfuhrsteuer entrichten würde, diese Ware nach Tschechien befördern möchte, würde ihm wahrscheinlich im Einklang mit den Vorschriften des jeweiligen Staates die Pflicht entstehen sich dort zur USt aus dem Grund des Warenversands zu registrieren. In Tschechien würde der Empfänger dann die Warenanschaffung erklären und in dem Staat, in dem er sich zur USt wegen dem Warenversand registrierte, müsste er überprüfen, ob er einen Abzug aus der Einfuhrsteuer im Rahmen der dortigen USt-Registrierung geltend machen kann, oder ob er Gebrauch von dem USt-Rückerstattungssystem machen muss.
Im Zusammenhang mit der Einfuhr darf man auch nicht die Fälle unterschätzen, in denen die Ware einem Deklaranten überführt wird, der nicht ihr Eigentümer ist. Es kann sich beispielsweise um eine tschechische s.r.o. handeln, die Ware in den zollrechtlich freien Verkehr ihrer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Muttergesellschaft überführt. In solchen Fällen ist stets an die Schlüsse des Urteils Weidel Logistik zu denken, laut dem es möglich ist die Einfuhrsteuer nur in den Fällen zu beanspruchen, wenn der Wert der eingeführten Ware in den Wert der Leistung des Empfängers inbegriffen wird, der den Abzug aus der Einfuhr beanspruchen will.
Falls die tschechische s.r.o. bei der Wareneinfuhr als Deklarant in der Pflicht ist die Einfuhrsteuer zu erklären und die eingeführte Ware ihr nicht gehört, kann sie nicht den Abzug von der Einfuhrumsatzsteuer beanspruchen. Eine Rettung für sie könnte der Gebrauch von der Fiktion gemäß § 13/4/f UStG sein, laut dem als Warenlieferung die Übergabe der eingeführten Ware im Inland ohne Änderung des Eigentumsrechts gilt, die in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wurde. Der Deklarant würde in diesem Fall eine Rechnung an den Wareneigentümer ausstellen, auf Grund dieser würde der Deklarant die tschechische USt abführen und der Wareneigentümer würde nachfolgend ihre Rückerstattung beantragen. Hier ist aber zu bedenken, dass wenn der Eigentümer in einem Staat außerhalb der EU ansässig ist, mit dem die tschechische Steuerverwaltung den Abzug auf dem Gegenseitigkeitsprinzip nicht rückerstattet, würde der Eigentümer um den Steuerabzug kommen. Diese Möglichkeit ist also in dem Fall wirtschaftlich, wenn der Wareneigentümer aus dem Drittland in Tschechien zur USt registriert werden kann, da er dann den Abzug beanspruchen kann. Ferner dann auch in dem Fall, wenn der Eigentümer der Ware eine innerhalb der EU ansässige Person ist, da diese die Rückerstattung der tschechischen USt auf Grund der Richtlinie 2008/9/EG immer beanspruchen kann.