Am 12. September 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Entwurf für eine neue Richtlinie zur Harmonisierung der Verrechnungspreisvorschriften innerhalb der EU.
Der Entwurf der Richtlinie ist Bestandteil des Pakets, das als Business in Europa bekannt ist, und beinhaltet, neben dem Entwurf für die Implementierung einzelner Regeln für die Verrechnungspreise ins Unionsrecht, auch den separaten Entwurf für die Berechnung der gemeinsamen Steuergrundlage für große multinational tätige Unternehmensgruppen.
Schauen wir zuerst historisch zurück, was dem Richtlinienentwurf voranging. Die Grundregeln für Verrechnungspreise bei grenzüberschreitenden Vermögens- und Dienstleistungsübertragungen, der sog. Fremdvergleichsgrundsatz, ist im Artikel 9 Modelldoppelbesteuerungsabkommen verankert. Dieser Artikel beinhaltet jedoch keine detaillierte Anweisung, wie die Verrechnungspreise in der Praxis zu gestalten sind. Die OECD-Leitlinien aus 1995, die detailliert anhand Beispiele erläutern, wie der Fremdvergleichsgrundsatz in der Praxis anzuwenden ist, sind für EU-Staaten kein rechtlich verbindliches Instrument, dessen Aufgabe es wäre den multinational tätigen Unternehmensgruppen und Steuerverwaltungen zu helfen gegenseitig akzeptierte Verfahren zu finden, die die Anzahl der auf dem gerichtlichen Weg gelösten Fälle minimalisieren würden.
Der Artikel 9 des Modellabkommens kann in der EU als keine verbindliche Regel angewandt werden, sofern der Fremdvergleichsgrundsatz nicht direkt in der nationalen Steuerrechtsvorschriften verankert ist. Tschechien implementierte die Pflicht die Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen fremdüblich zu gestalten in das Einkommens-/Körperschaftsgesetz durch §23 Abs. 7. Zwecks der einheitlichen Anwendung dieser Bestimmung in der Praxis erließ die tschechische Steuerverwaltung methodische Anweisungen (z. B. Anweisung D-34), die für tschechische Finanzämter verbindlich sind, unterscheiden sich jedoch häufig deutlich von den Anweisungen ausländischer Steuerverwaltungen innerhalb der EU, was bei Steuerpflichtigen, die grenzüberschreitende Geschäftsvorfälle tätigen, zu einem hohen Unsicherheitsgrad führt.
Was die Richtlinie künftig bringen würde, kann kurz und bündig in folgenden Punkten dargestellt werden:
- OECD-Verrechnungspreisleitlinien würden zum rechtlich verbindlichen Instrument, wobei die Verbindlichkeit der letzten Version des Dokuments sich direkt aus der europäischen Legislatur ergeben würde,
- EU-Mitgliedsstaaten würden bei der Anwendung der Regeln innerhalb der europäischen Staaten von der einheitlichen koordinierten festgelegten Methodik ausgehen.
Der Richtlinienentwurf setzt sich zum Ziel auf eine verbindliche Art und Weise Regeln insbesondere für Folgendes festzulegen:
- Bedingungen, unter denen es zu Preisanpassungen kommen wird, und zwar sowohl in Form der zusätzlichen Anpassungen seitens der Finanzämter als auch in Form von freiwilligen Vergütungen seitens des Steuerpflichtigen (Mitglieds der Unternehmensgruppe),
- Analyse der wirtschaftlichen Umstände, unter denen in der Tat der beurteilte Geschäftsvorfall getätigt wird,
- Auswahl der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode,
- Erstellung der Vergleichbarkeitsanalyse mittels der öffentlich verfügbaren Databanken,
- Anwendung des Medians als des marktüblichen Wertes für Zwecke etwaiger Preisanpassungen bei Werten, die außerhalb der interquartilen Bandbreite liegen,
- Format und Inhalt der Verrechnungspreisdokumentation, sowie Zeiträume, die der Pflichtdokumentation unterliegen,
- Pflichtumfang der dokumentierten Geschäftsvorfälle.
Der Richtlinienentwurf rechnet mit den sog. Safe Harbours, was Bedingungen für die Anwendung der Ausnahmen aus der Pflicht Verrechnungspreise nach den o.a. vorgeschlagenen verbindlichen Regeln in dem Fall zu gestalten und zu dokumentieren, in dem so ein Verfahren für das Unternehmen einen unangemessenen verwaltungstechnischen Aufwand bedeuten würde.
Die Kommission schlägt vor, dass die Richtlinie zum 1. Januar 2026 in Kraft tritt. Wann und ob wir die Implementierung der Regeln in die tschechische Legislative erwarten können bleibt bisher offen.