Was sollte Ihnen im Umsatzsteuerbereich für das letzte Jahr nicht entgehen

Obwohl die große Novelle des Umsatzsteuergesetzes aufgeschoben wurde, brachte uns das Jahr 2022 im Umsatzsteuerbereich trotzdem einige interessante Neuerungen. Nachstehend erlaube ich mir die meiner Meinung nach wichtigsten kurz zusammenzufassen.

 

Novellen 2023

Beginnen wir vom Ende her. Im Dezember wurde in das Gesetzesblatt die UStG-Novelle aufgenommen, die mit Wirkung vom 1. Januar 2023 folgende Bereiche regelt:

  • Erhöhung der Umsatzgrenze für die Pflicht USt-Registrierung von 1 Mio. auf 2 Mio. CZK;
  • Senkung der Geldbußen an natürliche Personen, Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit Alleingesellschafter, der eine natürliche Person ist, und an USt-Pflichtige mit quartalmäßiger USt-Entrichtung für verspätete Einreichung der Kontrollmeldung, bzw. Nichteinreichung der Kontrollmeldung;
  • Verlängerung der Frist für die Antwort des Steuerpflichtigen bzgl. der Aufforderung des Finanzamtes zur Änderung, Ergänzung oder Bestätigung der ursprünglich in der Kontrollmeldung erklärten Angaben, und zwar auf 17 Tage nach der Zustellung der Aufforderung des Finanzamtes in die Databox des Steuerpflichtigen;
  • Neu müssen die Steuerpflichtigen auf Grund der Aufforderung seitens des Finanzamtes die Kontrollmeldung trotzdem einreichen, auch wenn sie gemäß UStG nicht verpflichtet sind dies zu tun; in diesen Fällen machen die Steuerpflichtigen von der schnellen Reaktion „Ich bin nicht verpflichtet Kontrollmeldung einzureichen“ Gebrauch.

Mit Wirkung vom 01.07.2023 werden Bauten für Zwecke der Geltendmachung des ermäßigten USt-Satzes bei Familien und Wohnhäusern neu definiert. Bei Familien- und Wohnhäusern wird in der Definition Bezug auf das novellierte Baugesetz genommen und nicht auf die Vorschriften, die das Grundbuch regeln, wie es bisher der Fall ist.   

 

Sale-and-Lease-Back

Die Sale-and-Lease-Back-Verträge, die nach dem 01.04.2022 geschlossen wurden, werden aus USt-Sicht nun neu behandelt, dank den Schlüssen des Koordinierungsausschusses mit der Steuerberaterkammer der Tschechischen Republik (KOOV). Es ist nötig zu erwähnen, dass der KOOV auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union AZ C-201/18 Mydibel reagierte. Dank dessen wissen wir, wie die ganze Angelegenheit die inländische Steuerverwaltung betrachtet.  

Vereinfach gesagt handelt es sich aus USt-Sicht nicht mehr um (i) eine Warenlieferung an die Leasinggesellschaft und (ii) ein Folgeleasing an den Nutzer (den ursprünglichen Eigentümer), wie die gewöhnliche nicht nur umsatzsteuerliche Behandlung war, sondern um eine Finanzierungsform.  Daraus ergibt sich, dass die Leasinggesellschaft nur eine steuerfreie Finanztätigkeit ausübt.  

Leasinggesellschaften haben wohl mit der Umsetzung dieser Änderung kein Problem, aber im Falle der Gruppentransaktionen kann dies eine große Unannehmlichkeit bedeuten. Im Falle der Warenlieferung mit falscher MWST wird der Anschaffende keinen Vorsteueranspruch haben. Dasselbe gilt auch für den Nutzer der Sache bei einer falsch gebuchten USt bei Leasingraten.

Ein weiterer anknüpfender KOOV befasste sich noch mit dem Verkauf der gegenständlichen Sache in dem Fall, wenn der Leasingnehmer seiner Pflichten nicht nachkommt. Es wurde beschlossen, dass es sich um eine Warenlieferung mit dem Reverse-Charge-Verfahren handelt.  

 

Spenden für die Ukraine

Im März veröffentlichte die Finanzverwaltung das Merkblatt Steuererleichterungen im Umsatzsteuerbereich im Zusammenhang mit der Lage in der Ukraine.

Aber erst in den Folgemonaten klärten Steuerberater und die Finanzverwaltung wichtige zusammenhängende Angelegenheiten, die konkret die USt-Befreiung im Sinne § 68 Abs. 15 UStG betreffen (s. weitere Schlüsse des KOOV).

Diese Befreiung findet Anwendung in den Fällen, wenn der Steuerpflichtige Waren für seine Geschäftstätigkeit einkaufte und sich erst danach entschloss die so gekauften Waren an eine humanitäre und wohltätige Organisation mit dem Sitz in der EU zu schenken, die die Spende ins Drittland (außerhalb der EU) befördert oder sendet.

KOOV bestätigte uns, dass unter der “Absendung” auch die Fälle verstanden werden können, wenn humanitäre oder wohltätige Organisationen Warenbeförderung durch einen vereinbarten Beförderer oder Dritten (z. B. auch durch den Beschenkten selbst) in die Ukraine sichern.

Die gegenständlichen Waren müssen auf dem Gebiet des Drittlandes für humanitäre, wohltätige oder Bildungstätigkeiten verwendet werden – der KOOV spezifiziert diverse Fälle, in denen diese Bedingung als erfüllt gilt.  

Der KOOV nennt ferner Beispiele der Waren, bei denen diese Befreiung angewandt werden kann, und bei denen nicht.

Es ist zweifellos, dass bei der Anwendung der Befreiung Steuerpflichtige bedächtig sein müssen.

 

Ordnungsgemäße Fahrtenbuchführung für Zwecke der Geltendmachung der Vorsteuerabzüge bei Fahrzeugen

Anfang August berichteten Medien über das Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts, das den Anspruch auf Vorsteuerabzug bei einem angeschafften Fahrzeug wegen einem fehlerhaft geführten Fahrtenbuch ablehnte.  Seit Juli dieses Jahres sind nämlich Finanzämter berechtigt sich gerade für Zwecke der Steuerverwaltung bei der Polizei der Tschechischen Republik Überwachungsaufzeichnungen zur Bewegung des Fahrzeugs anzufordern.  

Es ist jedoch fraglich, wie die Zusammenarbeit der Polizei der Tschechischen Republik mit der Steuerverwaltung in der Praxis tatsächlich verlaufen wird. In dem gegenständlichen Urteil waren der Polizei die Angaben nämlich wegen einer geführten Strafverfolgung vorhanden.

Im UStG heißt es allerdings, dass das Steuersubjekt in dem Fall der sog. Mischnutzung von Vermögensgegenständen den Vorsteuerabzug nur in dem Verhältnis geltend machen kann, das die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs begründet. Das Gesetz nennt zwar keine konkrete Vorgehensweise, wie dieses Verhältnis festzustellen ist, jedoch nach der Verwaltungspraxis gilt gerade ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch als ein anerkanntes Beweismittel.

An dieser Stelle ist auch zu erwähnen, dass Steuerbehörden bereits lange über eine Software verfügen, die feststellt, ob das vorgelegte Fahrtenbuch “Hand und Fuß hat”, oder ob da etwas nicht stimmt. Die Möglichkeit sich von der Polizei der Tschechischen Republik Aufzeichnungen aus Überwachungskameras anzufordern ist also nur eines der Unterstützungsmittel, von denen Steuerbehörden im Falle der Zweifel über die Glaubwürdigkeit des Fahrtenbuches Gebrauch machen können. Außerdem können sie auch mit TÜV-Stellen zusammenarbeiten, wo sie den durchlaufenden Tachometerstand überprüfen können. Selbstverständlich sind Steuerbehörden auch im Stande die einzelnen Termine mit Geschäftspartnern ziemlich einfach zu überprüfen.

Mehr über die Problematik des Fahrtenbuches finden Sie hier.

 

Deklarierter Lieferant und USt-Betrüge

Das Jahr 2022 war für die Finanzverwaltung das Jahr der Bekämpfung der USt-Betrüge. Derselbe Feldzug wird auch im Jahr 2023 erwartet.

Bevor die Steuerbehörde beginnt sich mit dem USt-Betrug zu befassen, versucht sie sehr oft den Lieferanten in Frage zu stellen, der in der Rechnung steht (d.h. den deklarierten Lieferanten). Einer der Gründe ist bestimmt auch die Tatsache, dass die Beweislast in diesem Fall voll das Steuersubjekt zu tragen hat. Die Beweisführung ist bei Steuerbetrügen ein bisschen gerechter aufgeteilt.  

Der Gerichtshof der EU stellte in dem Urteil C‑154/20 (Kemwater ProChemie) fest, dass der Vorsteuerabzug immer zuzuerkennen ist, wenn die materiellrechtlichen Bedingungen erfüllt sind, ohne Rücksicht auf etwaige Nichterfüllung der formellen Bedingungen. Ist in der Rechnung kein tatsächlicher Lieferant genannt, muss das Steuersubjekt nachweisen, dass die Leistung von einem USt-Pflichtigen erbracht wurde. Die Stellung des USt-Pflichtigen kann sich aus den Umständen des Falles ergeben, konkret z. B. aus dem Volumen und dem Leistungspreis. Kann das Steuersubjekt die Beweislast ertragen, ist es nicht für die Entstehung des Anspruchs auf Vorsteuerabzug nötig den tatsächlichen Lieferanten zu identifizieren.

Im neusten Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts 4 Afs 317/2021–43 (Jan Surý) legte und schlug der Beschwerdeführer im Laufe des Steuerverfahrens keine überzeugenden Beweise vor, die belegt hätten, dass die gegenständliche Ware von einem oder mehreren tatsächlichen Lieferanten als Umsatzsteuerpflichtigen geliefert wurde. So eine Information ging auch aus den herausgefundenen Umständen in dem Fall nicht hervor. Der Beschwerdeführer trug somit seine Beweislast nicht und trotz seiner Erklärungen konnte es nicht bewiesen werden, ob die umstrittene Leistung tatsächlich der in den vorgelegten Rechnungen genannte Lieferant bzw. eine andere Person als USt-Pflichtiger erbrachte. Das heißt, dass die materielle Bedingung, dass es mit Sicherheit bewiesen werden muss, dass der tatsächliche Lieferant aus USt-Pflichtiger ist, nicht erfüllt wurde. Das OVG wies darauf hin, dass diese Tatsache das Steuersubjekt beweisen muss.

Aus meiner praktischen Erfahrung empfehle ich gegen die Zweifel der Steuerbehörde, die den in der Rechnung genannten deklarierten Lieferanten betreffen, vom Anfang an zu kämpfen.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass im Falle, wenn das Steuersubjekt die Sache mit dem deklarierten Lieferanten schafft, es als sehr wahrscheinlich gilt, dass die zweite Runde folgen wird – die Verteidigung, dass er nicht Bestandteil des Steuerbetrugs ist.  

Im Hinblick auf die Eifrigkeit der Finanzämter in diesen Bereichen empfehle ich besonders neue Lieferanten vor dem Beginn der Zusammenarbeit gründlich zu überprüfen.

 

USt im digitalen Alter oder was auf uns zukommt

Im Dezember veröffentlichte die EU-Kommission den Entwurf der Modernisierung der USt-Regeln innerhalb der EU für die Jahre 2024–2028, der folgende Bereiche regelt:

  • USt-Ausweisen in der realen Zeit und E-Rechnungsstellung;
  • USt-Abführung aus wirtschaftlicher Sicht der digitalen Plattformen und
  • einheitliche USt-Registrierung in der EU.

 

USt-Ausweisen in realer Zeit und E-Rechnungsstellung

  • Ausweisen jeder grenzüberschreitenden Leistung separat in realer Zeit (praktisch binnen 4 Tagen nach der Erbringung).
  • Voraussichtliche Umsetzung: 2028.

USt-Abführung der digitalen Plattformen aus wirtschaftlicher Sicht

Die Anwendung des sog. mutmaßlichen Lieferanten im Falle einer kurzfristigen Vermietung oder Personenbeförderung über digitale Plattformen (z. B. AirBnB, Uber).

  • In bestimmten Fällen wird die USt die digitale Plattform abführen.
  • Voraussichtliche Umsetzung: 2024.

Einheitliche USt-Registrierung in der EU

  • Erweiterung von One Stop Shop (OSS).
    • Die Regeln für Warenverkauf aus der Ferne sind auch für Gebrauchswaren, Kunstwerke, Sammelgegenstände und Antiquitäten anzuwenden.
    • Erweiterung der OSS-Anwendung auch auf weitere Leistungen an nicht umsatzsteuerpflichtige Unternehmer mit Erfüllungsort in einem anderen EU-Mitgliedsstaat.
    • In OSS wird es möglich sein die Verlagerung der eigenen Waren unter den Lagern, die sich in verschiedenen EU-Staaten befinden, auszuweisen.
  •   Voraussichtliche Umsetzung: 2024.