Finanzämter fokussieren sich in der letzten Zeit stark auf die Prüfung der Geschäftszusammenarbeit zwischen überwiegend Produktionsunternehmen mit den sog. “quasi” Zeitarbeitsfirmen. Gerne möchte ich ihnen in diesem Artikel Probleme und Fallstricke präsentieren, die die gegenständliche Zusammenarbeit für Empfänger dieser Dienstleistungen bringt. Sie sind nicht nur der Steuer-, sondern primär der Arbeitsrechtsnatur. Keines darf meiner Meinung nach unterschätzt werden.
Der Anstieg der „quasi“ Zeitarbeitsfirmen, d.h. Subjekte, die Arbeitskräfte für diverse Betriebe oder Dienstleister für weniger qualifizierte Arbeit (verschiedenste Reinigungsarbeiten, Objektschutz usw.) verleihen, war einen enormen Arbeitskraftmangel auf dem tschechischen Arbeitsmarkt geschuldet. Warum spreche ich über “quasi” Zeitarbeitsfirmen? Diese Unternehmen verfügen nämlich über keine Erlaubnis, die von der Generaldirektion des Arbeitsamtes gemäß dem Beschäftigungsgesetz ausgestellt wird und erfüllen auch weitere Pflichten einer Arbeitszeitfirma nicht (Pflichtberichtserstattung, Kautionshinterlegung usw.).
Die Inhaber dieser Firmen sind sich natürlich dessen bewusst, daher bieten sie ihren Kunden formal keine Leiharbeitnehmer an. Sie schließen Werkverträge oder ähnliche Verträge ab, damit die Zusammenarbeit von außen als eine Werklieferung und nicht als Arbeitnehmerüberlassung aussieht. Die Realität ist meistens anders. Zu den Kunden dieser „quasi“ Zeitarbeitsfirmen kommen zwecks der Befriedigung der Nachfrage nach deren Erzeugnissen oder Dienstleistungen in ihre Werke oder Arbeitsplätze fremde Arbeitnehmer, die grundsätzlich dieselben Arbeitsaufgaben zugeteilt bekommen, wie die Stammarbeitnehmer. Sie üben die Arbeitstätigkeit unter der Aufsicht eines Leitstammarbeitnehmers aus, benutzen die Arbeitsmittel oder Anlagen des Produktionsunternehmens. Die Rechnungsstellung selbst erfolgt auch auf Basis der Arbeitsstunden dieser fremden Arbeitnehmer. Sämtliche Teilaspekte der Geschäftszusammenarbeit zeugen davon, dass es sich um kein Lieferant-Abnehmer-Verhältnis (auf Grund eines Werkvertrags) handelt. Im Gegenteil, in Wirklichkeit geht es um eine Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit).
Bereits aus dem Kern der Sache selbst (des institutionalisierten Bestehens der Zeitarbeitsfirmen) ist es offensichtlich, dass die Überlassung von fremden Arbeitnehmern ohne die entsprechende Erlaubnis rechtlich als nicht richtig und erwünscht gilt (ansonsten müsste das Beschäftigungsgesetz diese Regeln nicht enthalten). Bis zum 01.08.2021 konnte für die sog. versteckte Arbeitnehmerüberlassung nur der Verleiher bestraft werden. Durch die Novelle des Beschäftigungsgesetzes mit Wirkung vom 02.08.2021 droht das Risiko der Auferlegung der Geldbuße bis zur Höhe von 10.000.000 CZK auch dem Dienstleistungsempfänger (d. h. dem Entleiher). Ferner ist zu ergänzen, dass die Arbeitsaufsichtsbehörde, die unter anderem beauftragt ist die Befolgung des Beschäftigungsgesetzes zu prüfen, bei den Prüfungen stets primär den Ist-Stand beurteilt, und nicht den formalen Sachverstand. Stellt sie also fest, dass auch trotz des bestehenden Werkvertrags die gegenständliche Zusammenarbeit reale Arbeitnehmerüberlassungsmerkmale aufweist, ist die Auferlegung einer Geldbuße sowohl für den Verleiher als auch für den Entleiher mehr als wahrscheinlich.
Laut Informationen, die wir uns von Regionalarbeitsaufsichtsbehörden zukommen ließen (auf Grund des Gesetzes über den öffentlichen Zugriff zu Informationen), werden pro Jahr mehrere Dutzend Prüfungen der versteckten Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt. Öffentlich werden im Zusammenhang mit dem erheblichen Anstieg von ausländischen Staatsangehörigen (hauptsächlich Ukrainerinnen und Ukrainer) noch intensivere Überprüfung in diesem Bereich angezeigt. Und es ist offensichtlich, dass Arbeitnehmer, die ausländische Staatsangehörige sind (EU- oder Drittländer) bei diesen quasi Zeitarbeitsfirmen in großer Zahl vertreten sind.
In dem Ordnungswidrigkeitsverfahren, in dessen Rahmen die o.a. Geldbuße bis zu 10.000.000 CZK auferlegt werden kann, gilt was die Beweislast angeht, dasselbe wie in einem Strafverfahren – es ist die Arbeitsaufsichtsbehörde, die zweifellos beweisen muss, dass es da Merkmale einer versteckten Arbeitnehmerüberlassung gab. Dies gibt dem Dienstleistungsempfänger die Möglichkeit passiv abzuwarten, was festgestellt wird und ob die Arbeitsaufsichtsbehörde ihre Beweislast trägt. Ein Problem tritt ein, wenn das Finanzamt als erstes mit einer Überprüfung beginnt. Im Steuerverfahren ist der Leistungsempfänger verpflichtet die Begründung des Anspruchs auf den Vorsteuerabzug zu beweisen (im Modellfall als das Produktionsunternehmen). Die Beweislage, mit der der Entleiher(formal Werkempfänger) sich konfrontiert sieht, kann sich selbstverständlich vom Fall zum Fall unterscheiden, und ist auch in der Praxis unterschiedlich. Das Produktionsunternehmen kann aus Sicht der Verteidigung des Anspruchs auf den Vorsteuerabzug nicht passiv bleiben. Im Gegenteil, das Unternehmen muss dem Finanzamt beweisen, dass das vereinbarte Werk in dem deklarierten Umfang durchgeführt wurde. Dabei ist es nötig zu bedenken, auf Grunde welcher Beweislage das Werk agiert. Viele von denen, die ich in der Praxis traf, wiesen darauf hin, dass es zwischen dem Lieferanten und dem Abnehmer in Wirklichkeit nicht um eine Werklieferung ging, sondern gerade um eine Arbeitnehmerüberlassung.
Obwohl das Finanzamt ohne Weiteres nicht berechtigt ist die im Steuerverfahren erteilten Informationen auf einem offiziellen Wege an die Regionalarbeitsaufsichtsbehörde weiterzuleiten, kann trotzdem nicht ausgeschlossen werden, dass dies nicht inoffiziell geschieht. Das Ganze würde ich mit einem Gang auf dem Schwebeseil vergleichen – eine deutliche Schieflage auf die eine oder auf die andere Seite bedeutet den Sturz.
Der objektive Bedarf an externen Arbeitnehmern in Produktion, Betriebsstätten oder im Segment der weniger qualifizierten Arbeit verursachte die Entstehung großer Subjekte, die in den meisten Fällen bewusst auf dem Markt ohne entsprechende Berechtigung für Zeitarbeitsfirmen tätig waren. Es war jedoch natürlich, dass damals (vor allem in den Jahren 2018 bis 2021) die prosperierten Unternehmen sich keine großen Gedanken machten, von wem oder in welchem Arbeitsverhältnis sie Arbeitskräfte leihen. Mit diesem Artikel wollte ich auf die Risiken der Zusammenarbeit mit diesen „quasi“ Arbeitszeitfirmen hinweisen. Deckt gerade Ihr Unternehmen den Mangel an Arbeitnehmern auf die oben erwähnte Art und Weise, empfehle ich sich an Experten zu wenden und mit ihnen das Modell dieser Zusammenarbeit zu besprechen. Aus der Praxis weiß ich, dass bei einer gründlichen Analyse das Modell in vielen Fällen so eingestellt werden kann, dass es im Einklang sowohl mit dem Steuerrecht, als auch primär mit dem Arbeitsrecht steht.