In den Berichten des Tschechischen Statistischen Amtes, die Anfang Mai veröffentlicht wurden, konnten wir lesen, dass der Anstieg der Industrieproduktion um 2,2 % im Vergleich zum Vorjahr, der im März 2023 erfolgte, insbesondere am bedeutendsten von der Fahrzeugproduktion beeinflusst wurde. Diese erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 42 %. Es scheint, dass die Probleme mit Lieferungen von Komponenten, die in 2022 neben der Verlängerung der Liefertermine auch einer der Gründe für die Preiserhöhungen bei fast allen Autoherstellern waren, vorbei sind.
Welche Auswirkung wird diese positive Entwicklung auf die Preise für die tschechischen Unternehmen ausüben, die zu multinational tätigen Konzernen gehören und ihre Produkte direkt an Autohersteller liefern? Wird der erwartete Anstieg der Umsatzerlöse dieser Subunternehmer auch mit dem Gewinnanstieg und den damit zusammenhängenden Steuerabgaben verbunden?
Die Besonderheit der Automobilindustrie ist die starke Verhandlungsstellung der Autohersteller, die auf den Preis Druck ausübt. Subunternehmer sind dem Marktrisiko des Anstiegs der für die Produktion notwendigen Rohstoffe und Energien ausgesetzt, die sie nicht in die Preise für die Automobilunternehmer umlegen lassen. Die Lösung, wie sie Rentabilität erhalten können, ist somit das Bestreben nach höherer Effizienz, die insbesondere mit Forschung und Entwicklung von neuen technologischen Produktionslösungen erreicht werden kann. Bei multinational tätigen Konzernen, die direkte Lieferanten für Autohersteller sind, befassen sich jedoch mit der Forschung und Entwicklung oft ausländische Subjekte. Tschechische Unternehmen sind in der Regel lediglich für die Funktion der Serienproduktion zuständig.
Im Bereich der Verrechnungspreise ist die Finanzverwaltung bereits lange Zeit der Meinung, dass die tschechischen Subunternehmer der Autohersteller, die die Stellung eines Routineherstellers mit beschränkten Berechtigungen im Bereich der Preisverhandlungen mit dem Autohersteller haben, zwar eine niedrige, dafür aber stabile Rentabilität erzielen sollen, und zwar ohne Rücksicht auf den enormen Preisanstieg der Energiepreise oder Preise für Rohstoffe (Warenartikel), zu dem es infolge der Energiekrise und dem Krieg in der Ukraine gekommen ist. Im Merkblatt zu den Auswirkungen der Energiekrise auf die Verrechnungspreise, die im Dezember 2022 auf der Internetseite der Finanzverwaltung veröffentlicht wurde, heißt es: „Die Energiekosten sind zweifellos eine Art Kosten, die die Kostenbasis beeinflussen, zu der der gewöhnliche Gewinnzuschlag erfolgt.“
Diese theoretische Vorstellung über die marktübliche Preiskalkulation ist jedoch von den realen Vertragsbedingungen in der Automobilindustrie entfernt. Verträge für die Produktionsprojekte für Autohersteller werden in der Regel für viele Jahre vorher abgeschlossen, wobei der Preis für die Produktionseinheit, die im tschechischen Produktionswerk hergestellt werden soll, fix vereinbart ist und den Voraussetzungen und Bedingungen zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung entspricht. Die Laufzeit des Projekts erreicht häufig auch 7 und mehr Jahre. Jedes Projekt hat mindestens 3 Phasen. In der zweiten Projektphase, in der dessen Durchführbarkeit aus Sicht des technologischen Aufwands überprüft wird, können dem tschechischen Hersteller Mehrkosten gegenüber den Kosten entstehen, die in der ersten Phase kalkuliert waren, in der der Preis vereinbart wurde. Nicht immer werden die Mehrkosten in den Verträgen berücksichtigt. In einigen Fällen beinhalten die Verträge auch keine Inflationsklausel, die den Toleranzbereich der Bewegung der für die Produktion erforderlichen Energie- und Rohstoffpreise festlegt, dessen Überschreitung dem Unternehmer in der letzten Projektphase, was die Serienproduktion ist, das Recht geben würde, den ursprünglichen in der ersten Phase vereinbarten Preis zu erhöhen.
In der Praxis kommt es ziemlich oft vor, dass den tschechischen Fertigungsgesellschaften, für die die Preisverhandlungen mit dem Autohersteller die Muttergesellschaft im Ausland führte, der Preis für die Produktionseinheit, der vor fünf oder mehr Jahren kalkuliert wurde, heutzutage nicht mal die Produktionskosten deckt, geschweige denn eine Gewinnerzielung. Der Vertrag ermöglicht in solchen Fällen der Geschäftsleitung der tschechischen Gesellschaft keine Verhandlungen über die Preiserhöhung zu beginnen, da die tschechische Gesellschaft als ein getrenntes Produktionswerk gesehen wird, nicht als ein selbständiges Rechtssubjekt, das direkt mit dem Autohersteller verhandeln kann.
Wird bei einem tschechischen Unternehmen, das infolge der fixierten Preise langfristig Verluste generiert, eine Verrechnungspreisprüfung seitens des Finanzamtes eröffnet, kann mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass das Finanzamt die Nettomargenmethode anwendet, die im Endeffekt die Umsatzerhöhung des tschechischen Unternehmens um einen fiktiven Betrag bedeuten wird. Die Höhe des fiktiven Betrags setzt die Steuerbehörde so fest, dass das Unternehmen Betriebsgewinne in der auf Grund der Vergleichbarkeitsanalyse ermittelten Höhe erzielt.
Die Vergleichbarkeitsanalyse wird von der Steuerbehörde mittels einer externen Datenbank erstellt. Diese ermöglicht es der Steuerbehörde allerdings nicht zu berücksichtigen, für wie lange Zeit die betroffenen Gesellschaften ihre Preise vereinbart hatten, die in der Automobilbranche selbständig ohne den Einfluss einer Gruppe unternehmerisch tätig sind. Ebenfalls ist es nicht möglich zu überprüfen, ob die gewählten Gesellschaften ihre Produkte direkt den Automobilherstellern liefern (Tier 2), oder in der Lieferkette als Sublieferant eines anderen direkten Lieferanten an Automobilhersteller fungieren (Tier 3 oder 4).
Tschechische Herstellungsgesellschaften, die in der Automobilindustrie tätig sind, sind bedeutende Steuerzahler. Es stellt sich daher die Frage, worauf sich die Finanzverwaltung in kommenden Jahren fokussieren wird: ob die Finanzverwaltung weiterhin Betriebsprüfungen fortsetzt, die sie auch mehr als 3 Jahre nach Abschluss des Prüfungszeitraums eröffnet und deren Ergebnis einer nachträgliche Steuerbemessung für ein verlustbringendes Herstellungsunternehmen manchmal auch dutzende Millionen Kronen bedeutet, oder die bisherige Methodik eine Änderung erfährt.
Auf jeden Fall sollten sich die Geschäftsleitungen der tschechischen Gesellschaften für die Vertragsbedingungen interessieren, unter denen die Preise für die an die Automobilhersteller gelieferten Erzeugnisse von der Unternehmensgruppe vereinbart wurden. Im Falle einer Betriebsprüfung sollten sie dann imstande sein zu dokumentieren, wie das Unternehmen in der Vergangenheit preislich auf die erheblichen Marktschwankungen und die damit verbundene Änderung der Nachfrage von Autoherstellern reagierte.
Die Verschiebung Richtung Elektromobilität lässt dann darauf deuten, dass die Frage der Erhöhung der Förderung von Forschung und Entwicklung in Tschechien wieder aktuell sein könnte. Sollen tschechische Firmen von so einer Förderung Gebrauch machen, ist es unentbehrlich, dass sie sich anstatt der Routinetätigkeiten von „Zusammenbauwerken“ den Tätigkeiten mit höherem Schöpfungswert widmen.